kommunale Gebietsreform

kommunale Gebietsreform
kommunale Gebietsreform,
 
systematische Veränderung der Verwaltungs-Grenzen kommunaler Gebietskörperschaften (Gemeinde, Kreis) durch Reformpolitik und Reformgesetze des zuständigen Landesgesetzgebers. Man unterscheidet die Gemeindegebietsreform von der Kreisgebietsreform; zumeist findet neben der kommunalen Gebietsreform auch noch eine Funktionalreform (auch: Verwaltungs-Reform genannt) statt, mit der die Aufgabenverteilung an die neuen Gebietszuschnitte angepasst wird. In der Bundesrepublik Deutschland wurde eine groß angelegte kommunale Gebietsreform für Gemeinden und Kreise von 1967 bis 1978 durchgeführt. Sie verringerte die Zahl der kreisangehörigen Gemeinden von 24 371 (1960) auf 8 505 (1989), die der kreisfreien Städte von 141 auf 91, die der Kreise von 425 auf 237.
 
Seither haben sich die Zahlen dort nur unerheblich verändert. Gemeinsames Ziel der Reform war die Stärkung der Leistungsfähigkeit v. a. der sehr kleinen ländlichen Gemeinden durch Zusammenfassung der Kräfte. Die Methoden zur Verwirklichung dieses Ziels waren in den Ländern sehr unterschiedlich. In Nordrhein-Westfalen, in Hessen und im Saarland bevorzugte man die Bildung relativ großer Einheitsgemeinden mit mindestens 5 000 oder sogar 8 000 Einwohnern. Die Zusammenlegung vordem selbstständiger Gemeinden stieß jedoch zum Teil auf heftigen Widerspruch; man fürchtete negative Folgen durch den Wegfall der örtlichen Vertretungskörperschaften, die größere Entfernung zum Sitz der Kommunalverwaltung und eine Schwächung der örtlichen Gemeinschaft insgesamt. Die anderen Länder gingen deswegen einen anderen Reformweg, indem sie über den nur behutsam durch Zusammenfassung vergrößerten Kleingemeinden eine weitere Verwaltungs-Ebene in Form von Gemeindeverbänden (Verwaltungs-Gemeinschaften, Ämter) einführten. In Rheinland-Pfalz und in Niedersachsen wurde diese Ebene mit einer von den Gemeindebürgern direkt gewählten Vertretungskörperschaft versehen (Samtgemeinderat in Niedersachsen, Verbandsgemeinderat in Rheinland-Pfalz).
 
Nach dem Modell der Einführung einer weiteren Verwaltungs-Ebene zwischen Gemeinden und Kreisen wurde seit 1990 auch in den neuen Ländern eine kommunale Verwaltungs-Reform durchgeführt. Sie wurde (jedenfalls auf Kreisebene) im Wesentlichen bis 1994 beendet. Vor der Kreisgebietsreform gab es auf dem Gebiet der DDR 217 Kreise (191 Land- und 26 Stadtkreise); 1995 waren es noch 92 Landkreise und 24 kreisfreie Städte. Insgesamt gibt es in Deutschland 329 Landkreise (1996), davon 237 in den alten Ländern und 92 durch Kreisgebietsreform vergrößerte Landkreise in den neuen Ländern. Die Gemeindereform ließ die Vielzahl der kleinen Gemeinden in den neuen Ländern (7 527 im Jahr 1993, davon 3 690 = 49 % unter 500 Einwohnern) grundsätzlich bestehen. Alle Gemeinden mit weniger als 2 000 oder 3 000 Einwohnern (mit unterschiedlichen Größenmaßstäben in den Ländern) mussten sich aber in Verwaltungs-Gemeinschaften zusammenfinden (in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern Ämter genannt). Insbesondere im Umfeld der größeren Städte fanden beziehungsweise finden auch Eingemeindungen statt. Möglicherweise setzt sich der Prozess der Zusammenfassung von Kleinstgemeinden noch fort. Die zugehörige Funktionalreform, die zu einer Aufgabendezentralisierung unter Bevorzugung der kommunalen Ebene führen soll, wird als dauerhaftes Ziel begriffen, dessen Verwirklichung (wie auch die Gebietsreform) nicht ohne Widerstände abläuft.

Universal-Lexikon. 2012.

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